Solarstrom-Energiemanagement

für Eigenverbrauch

Letzte Änderung: 3.3.2022

Motivation:

Nachdem meine 4kW-PV-Anlage aus der EEG-Förderung herausgefallen ist und für eingespeisten solarstrom nur ein Almosen gezahlt wird, habe ich den Einspeisepunkt nach intern vor den Stromzähler umgeklemmt. Damit kann ich Solarstrom selbst verbrauchen und nur noch die Überschüsse ins öffentliche Stromnetz einspeisen.

Da mein Verbrauchsschwerpunkt auf den Abend und die Nacht fällt, bietet sich ein Speicher für die Erhöhung des Eigenverbrauch-Anteils an. Kommerzielle Solarstromspeicher sind angesichts meines geringen Stromverbrauches und des vorhandenen, einphasigen Wechselrichters unrentabel, daher habe ich eine preisgünstige Lösung gesucht und sie in einem mobilen, Lithium-Ionen-Aggregat mit einphasigem 1kW-Wechselrichter und separatem Ladegerät gefunden:

Dessen Kapazität ist mit 2,4kWh ganz gut bemessen, der Wechselrichter aber nicht für größere Motorgeräte wie Staubsauger, Regenwasserpumpe, etc. geeignet. Grundsätzlich finde ich das auch ganz gut, weil dann der Akku nicht zu heftig belastet wird und (hoffentlich) länger hält.

Um sie dennoch möglichst viel mit Solarstrom nutzen zu können, habe ich ein kleines Energiemanagement-Gerät gebaut und programmiert, das die Daten der optischen Schnittstelle elektronischer Stromzähler auswertet und abhängig von der eingespeisten Leistung 4 Verbraucher unterschiedlicher Leistungsstufen auf der Phase frei schaltet, auf der der Wechselrichter einspeist.

Eigentlich wäre die Phase egal, da der Stromzähler nur die summarische Leistung aller 3 Phasen zur Abrechnung hernimmt, mir geht es aber um eine auch physikalisch möglichst saubere Lösung, denn die Natur lässt sich nicht betrügen.
Der Aufwand ist überschaubar, nur die Programmierung des Empfangsprotokolles war etwas komplizierter als gedacht: Mit kleinen Modifikationen ließe sich das Gerät beispielsweise auch zum solaren Laden von Elektroautos nutzen.

Konzept:

Herzstück des Gerätes ist ein seit Jahren bewährter, preisgünstiger Mikrocontroller (ATTiny2313), der den seriellen Datenstrom vom Stromzähler decodiert, den aktuellem Leistungswert auf einem LCD anzeigt und die Schaltstufen ansteuert.
Nähere Informationen zur Technik und zum Nachbau finden sich am Ende des Kapitels!
Realisiert habe ich im Hauptgerät folgende 4 Stufen (+ lokale im Zweitdisplay): Die Freigabe bzw. Rücknahme jeder Stufe richtet sich immer nach der aktuell eingespeisten Leistung und die zuletzt zugeschalteten Stufen werden bei Netzbezug zuerst wieder abgeschaltet.

Damit ergibt einerseits sich eine Priorisierung für die niedrigsten Stufen, die zum Nachladen dienen, andererseits werden andere Verbraucher aber auch nicht behindert, wenn die Leistung niedrigerer Stufen nicht ausgenutzt wird.

Die höchste Schaltstufe steuert einige ausgewählte Steckdosen im Haus an, an die sich dann beliebige Elektrogeräte anschließen lassen.
Die Anzahl der Schaltstufen ist prinzipiell nur durch die Anzahl der Anschlüsse des gewählten Typs begrenzt, mehr Stufen wären mit einer größeren Variante des Controllers realisierbar. Mit der Erweiterung durch das Zweitdisplay ergab sich die Möglichkeit, noch zusätzliche lokale Stufen einzuführen, von denen ich eine für das Laden meines Laptops nutze.

Größter Nachteil ist die Einphasigkeit:
Will man möglichst viele Verbraucher versorgen, muss man in der Elektroverteilung entweder mehrere Phasen zusammen legen oder die gewünschten Verbraucher auf die eine Phase umklemmen.
Ich versorge 2 Phasen mit dem Speicher und mit der dritten (an der der Wechselrichter einspeist) Geräte mit hoher Priorität, wie den Gefrierschrank.
Für den Fall, dass der Speicher leer oder defekt ist, kann ich die 2 Speicher-Phasen wieder zurück ans Stromnetz schalten.

Weitere Speicher:

Flankiert und ergänzt wird das durch einen Regenwasserspeicher, (s.u.) auf dem Dachboden, mit dem die Nächte und auch trübe Tage ohne Stromverbrauch überbrückt werden können.
Außerdem nutze ich die Trägheit meines Gefrierschranks, der nicht am Speicher hängt und über Nacht mit einer schlichten Zeitschaltuhr vom Stromnetz getrennt wird.
Eingeschaltet wird derzeit um 8:30, wenn im Sommer normalerweise genug Leistung zur Verfügung steht. Dass er nicht am Speicher betrieben wird, hat den Vorteil, dass er dann auf jeden Fall wieder kühlen kann und dazu ggf. Priorität vor dem Laden bekommt.
Zur Sicherheit habe ich die Solltemperatur tiefer eingestellt als vorher und eine Zeit lang die Innentemperatur gemessen, die im Sommer um ca. +-5°C schwankt. Da thermische Vorgänge langsam ablaufen, wirkt das wie ein zusätzlicher virtueller Speicher.
Schließlich nutze ich auch die Akku-Kapazität meines privaten Laptops, indem ich ihn grundsätzlich über eine geschaltete Steckdose am Schreibtisch lade, die mit der lokalen Stufe 2 des Zweitdisplay angesteuert wird. Sollte das nicht ausreichen, muss ich das Ladegerät an eine dauerhaft aktive Steckdose umstecken - dafür genieße ich ansonsten den Komfort, dass es immer automatisch solar geladen wird!

Hardware:


Das Gerät selbst hat neben dem optischen Sensor und dem Display nur Transistor-Schaltausgänge mit denen Leistungsrelais angesteuert werden können, die dann an geeigneten Stellen im Haus plaziert sind und somit zusätzlichen Verkabelungsaufwand minimieren.

Damit das Display gut zugänglich ist, habe ich es über etwa eine halben Meter Kabel vom Gerät abgesetzt und im Flur montiert, während das Gerät selbst hinter einer Tür direkt neben der Elektroverteilung plaziert ist.
Zur einfachen und weit sichtbaren Unterscheidung, ob eingespeist oder Strom verbraucht wird, dient ein digitaler Ausgang, der bei Verbrauch eine rote LED ansteuert.
Wird Strom eingespeist, sogt der umgekehrte Schaltpegel dafür, dass die Hintergrundbeleuchtung des Displays mit etwas Stromversorgt wird und bei exakt Null Verbrauch+Einspeisung, wird der Ausgang deaktiviert was beide glimmen lässt.

Versorgt wird das Gerät mit 5V Gleichspannung, entweder durch ein kleines 5V-Netzteil oder über einen zusätzlichen Spannnungsregler aus einer 12V-Gleichspannung, die bei mir für die Relais verwendet wird und aus meiner alten solar geladenen Gleichstromversorgung stammt.
Den 5V-Ausgang des Speichers sollte man tunlichst nicht verwenden, da der nicht galvanisch von der 230V-Ausgangsspannung des Wechselrichters ist! An dem Punkt merkt man doch, dass der Speicher nicht für netzgebundenen Betrieb konzipiert ist.

Zweitanzeige:


Da es mir bald zu aufwändig war, für einen kurzen Blick auf das Display aus dem Obergeschoß immer die Treppe herunterzugehen, kam bald der Wunsch für ein zweites Display auf:
Dazu lasse ich die angezeigten Daten über den noch freien, seriellen Ausgangskanal ausgeben, über den dann ein (oder mehrere) zuätzliche Anzeigen angesteuert werden können.
Das Zweitdisplay braucht zum Empfang ebenfalls einen Mikrocontroller, der dann auch die Schaltstufen replizieren kann.
So lassen sich die Schaltstufen mit einer Datenleitung auf jedes Stockwerk führen, ohne dass man dicke Stromkabel durch die Decken führen muss.
Weil die Stufen 2 und 3 durch Ladegerät bzw. Hauswasserwerk weitgehend ausgenutzt werden, werden die lokalen Replikationen erst nach einer kurzen Zeitverzögerung plus Mindestleistung aktiviert:
Die sind mit 100W bzw. 400W so eingestellt, dass die zu erwartenden Lasten nicht gleich wieder zur Überlastung führen. Ohne diese Vorkehrung hätte bei langsam steigender Leistung eine Schwingung gedroht.

Hauswasserspeicher:

Das Hauswasserwerk dient bei mir vorwiegend zur Füllung der Toiletten-Spülkästen:
Da die natürlich auch nachts nach gefüllt werden müssen, habe ich meine alte Idee eines Wasserspeichers auf dem Spitzboden realisiert, der befüllt wird wenn die Sonne scheint und die Spülkästen per Schwerkraft speist.


Mit 300 Litern bei voller Füllung kann er einige trübe Tage überbrücken, was vor allem im Winter nötig sein kann.
Für den Fall, dass die Sonne zu lange gar nicht scheint, gibt es einen Mindestfüllstandsschalter, der für die Füllung mit Netzstrom sorgt.


Beim Aufbau der Schwimmer-Mechanik sollte man auf wasser- und korrosionsfeste Materialien (z.B. Kunststoffe, Aluminuim, Edelstahl) und eine ausreichende und dauerhafte Befestigung achten.


Damit das Regenwasser im Sommer nicht anrüchig wird, habe ich die Tonne mit gut 20cm Wärmedämmung umbaut und lasse sie nur zur Hälfte füllen.
Zur einfachen Umstellung sind zwei Schwimmer auf unterschiedlicher Höhe eingebaut, zwischen deren Kontakten man von Hand umschalten kann.

Programm:

Die Programmierung erfolgte im Maschinensprache (Assembler), in der ich mit diesen Controllern traditionell schon sehr viele Projekte durchgeführt und eine umfangreiche Sammlung von Routinen zur Verfügung habe:
So lange keine numerischen Berechnungen gebraucht werden, bevorzuge ich Assembler nach wie vor, weil man dann gezielt und frei von Ballast programmieren, die Architektur und den umfangreichen Befehlssatz optimal ausnutzen kann.
Das erfordert zwar genaue Kenntnisse der Hardware und viel Disziplin, ermöglicht aber den effizientesten Code.
Am allerwichtigsten dabei ist eine ausführliche Kommentierung ohne die der Code auch für einen selbst sehr schnell unverständlich und wertlos würde.

Bevor es in die Details geht, hier ein paar Grundprinzipien:

Nach dem Start werden Register und Variablen initialisiert, Ansschlüsse, Timer und serielle Kommunikation eingestellt und die Interrupts frei geschaltet, dann geht es direkt in die Leerlaufschleife.
Alles Weitere geschieht dann Interrupt gesteuert, auch die Initialisierung des LCD, die Wartezeiten erfordert, die über den Systemtimer realisiert werden.
Sofern ein Stromzähler korrekt angeschlossen ist, beginnt innerhalb einer Sekunde die erste Datenübertragung mit anschließender Auswertung, Darstellung und ggf. Aktivierung von Ausgängen.
Was auf dem LCD ausgegeben wird, wird zusätzlich und ohne Nachfrage über den seriellen Kommunikationskanal für ein Zusatzdisplay ausgegeben.
Das wiederholt sich normalerweise jede Sekunde, da die Stromzähler ihre Daten im Sekundenrhythmus ausgeben.
Fällt das Signal aus, dann werden die Anzahl der Empfangsfehler in Folge ab einer Mindestanzahl von 10 rechts im Display dargestellt.

^ Hinweis:

Diese Seite verfolgt keine kommerziellen Interessen, sie soll Anregungen zu Energie sparen und Klimaschutz im persönlichen Umfeld geben und wächst daher nebenbei soweit es meine Zeit erlaubt.

Impressum

Datenschutz